Montag, 2. Oktober 2017
„Psycho“ Quinn McCarthy - I
37 Minuten später.

Quinn, nun ein Psycho, stürmte aus dem Laden. Er war blutüberströmt, kleine Körperteile der fetten Negerin, Schädelfragmente oder was auch immer, hingen in seinen Klamotten. Auf dem linken Auge konnte er nicht mehr sehen, sein eigenes Blut tropfte aus der Augenhöhle. Draußen war es fast dunkel geworden. Das erstaunlich helle Mondlicht spiegelte sich im Wahnsinn seines leuchtenden rechten Auges.
Und Quinn rannte los. Zeugen werden später behaupten, dass sie nie zuvor jemand derart boshaft laufen sahen. Dabei war sein Lauf nicht unbedingt der eines Raubtiers auf der Jagd nach Beute. Denn seinen Sprints mangelte es dafür an Eleganz, vor allem aber fehlte ein klares Ziel, ein eindeutiges Opfer. Quinn machte vielmehr den Eindruck, als würde er durch das Laufen eine eigenartige neue Identität entwickeln. Als würde er selbst die Bösartigkeit seines Seins realisieren. Und sie lieben. Sich selbst lieben, so wie er sich selbst vor seinem Amoklauf verachtet hatte.
Da war kein Zittern mehr, keine Zweifel. Absurd der Gedanke, einmal – 37 Minuten zuvor – noch ein harmloses Kaninchen gewesen zu sein, ein Beutetier. Nun war der Jäger. Er hatte es allen gezeigt. Und mit jedem Schritt, mit jedem Sprint wurde er gefährlicher. Er spürte den Wahnsinn, der durch seinen Körper strömte, seine Adern durchfloss. Quinn hatte sich noch nie im Leben so gut gefühlt. Und das Beste waren die Blicke. Die Blicke, die ihn so lange Zeit mit erniedrigender Geringschätzung bestraft hatten. Sie waren nun voller Furcht. Furcht, dass er ihrem erbärmlichen Dasein ein Ende bereiten könnte.
Und genau das tat er. Bei Gott, und wie er das tat. Quinn wusste, warum sie ihn plötzlich fürchteten. Dass ein durchgeknallter Typ mit einer Knarre durch die Straßen jagte, kam vor. Aber nicht so. Ein Killer, ein Einbrecher, ein Dieb, ja auch ein Mafiosi läuft nicht so durch die Straßen. blut- und schweißüberströmt, ja. Wild um sich ballernd, klar. Aber nicht mit diesen irren Haken, diesen geistesgestörten Richtungs- und Tempowechsel, diesen Kombinationen aus überfallartigen Vollsprints und boshaft überlegen trunkener, tänzelnder Schritte, die entfernt an ein glücklich zuschnappendes Salzwasserkrokodil erinnerten. Das war neu.
Und das war es auch, was Lara, die Reporterin von ICC3 so begeisterte, als mit Hank – glücklicherweise ein fähiger und gerade einsatzbereiter Hubschrauberpilot – im geringst- und schnellstmöglichen Anflug auf die unverhoffte Topstory düste. Mit Gespür und der nötigen Gier hatte sie sich diese Geschichte, die ihren endgültigen Durchbruch bedeuten könnte, geschnappt. An Eileen, die sie zu diesem Zweck leider in der Damentoilette hatte einsperren müssen, verschwendete sie keinen Gedanken mehr. The winner takes it all. Selbst Schuld, Süße. Was hatte das Mädchen auch so eine unglaublich schwache Blase?