Sonntag, 5. Juni 2011
Absolute Ekstase – Egotronic im Stone im Ratinger Hof
Am Ostersonntag regierte das Lustprinzip im Stone im Ratinger Hof. Die Electropunker von Electronic gaben sich die Ehre, im überraschenderweise nicht ausverkauften Haus groß aufzuspielen.

Der Düsseldorfer Auftritt bildete den Abschluss der zehntägigen „Gegengerade“-Tour. „Gegengerade“? Ist das nicht dieser Fußballfilm? Richtig, dieser Film um und über den FC St. Pauli, für dessen musikalische Untermalung eben just die Kapelle Egotronic engagiert worden ist. Den Filmemachern und Musikern ging diese kulturelle Symbiose allerdings noch nicht weit genug. „Fuck the law! Was ist Kino und was ist ein Konzert?“ sagten sie sich. Und so gab es erst im Lichtspielhaus Bambi den Film und im Anschluss im Musikspielhaus Stone den dazugehörigen Sound zu bestaunen. Zu vergünstigten Konditionen bei Erwerb des Kombi-Pakets, versteht sich. Dort drin enthalten war auch die formidable Vorband Disco Crunch, die gut gelaunt und Energie geladen die anfangs noch spärliche, aber bunt gemischte Meute auf Betriebstemperatur brachte.
Gegen Ende des Sets beteiligte sich auch Egotronic-Mastermind Torsun an den Aufwärmübungen und zeigte zum ersten Mal, dass die Stimmung der Bands der der sommerlich gewärmten Konzertgänger in nichts nachstand. Als dann die Hauptdarsteller die Bühne betraten, war ob der ausufernden Publikums-Partizipation schnell klar, dass es ein richtig heißer Abend werden würde. Jeder Song wurde begeistert beklatscht, besungen und vor allem betanzt. Auch Torsuns gewohnt klaren Worte zu anstehenden Nazi-Demos u. a. am 1. Mai in Kaiserslautern trafen den Nerv der Zuhörer und förderten bekannte Antifa-Rufe zu Tage.
„Raven gegen Deutschland“ hieß das Programm, aber mit Stil und vor allem viel Lust. Die Menge verwandelte sich rasend schnell in einen schwitzenden, hüpfenden, aber allem Anschein nach ausgesprochen glücklichen Haufen. Die Band ging ebenso steil und nutzte gekonnt dieses interaktive Potential. Bei „Was solls“ durfte ein Junge namens Sebastian den Rüde-Part singen, was ihm erstaunlich gut gelang. Für die Zugabe bat Torsun die ganze Crew auf die Bühne. Zu dieser gehört übrigens auch der „Gegengerade“-Regisseur Tarek Ehlail, der diese wundervollen Augenblicke mit seiner Kamera festhielt. Entstehen wird daraus eine Tour-DVD, welche in Bälde als Bonus-Version mit dem soeben erschienenen „Gegengerade“-Soundtrack veröffentlicht wird. Da hat auch das Label mitgedacht. Denn diese Bilder waren wahrlich für die Ewigkeit bestimmt. Wie der halbe „Innenraum“ bei "Von nichts gewuszt" die Bühne stürmte und abfeierte und wie Egotronic mit Worten wie „Wir spielen einfach noch eins, wird schon keiner was dagegen haben.“ noch eine und noch eine Zugabe in die ekstatische Menge pfefferten, das war schon ganz, ganz großes Tennis. Mit „Die Partei“ hörte dann der Spaß auf, der Siedepunkt war erreicht. Wer sein T-Shirt durchgeschwitzt hatte, konnte für faire 12 € ein neues, schöneres erwerben. Und sich auf die Tour-DVD freuen. Oder auf das neue Album. Oder über 10 Jahre Egotronic und darüber, dass die Jungs nach so einer elektrisierenden Ekstase-Show bestimmt gerne wieder kommen. Und dann wird die Hütte auch richtig voll.